Mittwoch, 22. August 2018

Psychogramm eines Grenzgängers

Ich finde mich wieder im immergleichen Dauerrausch, von dem das Angetrunkensein stets ist wie ein Youtube-Thumbnail, das nicht hält, was es verspricht.

Kein Mensch der Welt versteht mich mehr: Mitten in der Nacht, oder mittlerweile auch schon mittags, mit so schrecklich schwerer Zunge, die wie Blei im Mundraum liegt.
Dachte ich doch eigentlich, die Strategie geht diesmal auf; der Grund, aus dem ich ursprünglich zu schreiben anfing. Doch der Versuch, durch Schrift Person zu werden, beißt sich selbst in seinen Schwanz: Denn wer aus schierer Weltfremdheit zu weit raus schwimmt in den Geist, der kommt selten weniger merkwürdig zurück, als er es am Anfang schon gewesen ist.
Und so sitzen Nietzsche, Kafka und Hölderlin, als Sirenen des Irrsinns, nackt und besoffen auf der Sandbank meiner Seele und werfen mir erregte Küsse zu, jedes Mal, wenn ich so hektisch wie vergeblich meinen sehnsüchtigen Blick abwendend versuche an den drei vorbeizurudern, indes mein Über-Ich mir panisch flehend dicke Stücke Wachs in die gespitzten Ohren stopft.
Auf dass ich noch ein bisschen länger bleibe, bloß noch ein Stückchen näher komme, singen sie ganz krumm und schief im Hintergrund.

Abseits dieses Karnevals bin ich auch nur irgendein Idiot, aus irgendeiner kleinen Stadt, in dieser Bundesrepublik, der, warum auch immer, die Last der Welt auf seinen Schultern trägt, das heißt, einen gewissen Hang zum Drama hat, sich, um sein kleines Narrativ am Leben zu erhalten, stets unterschätzt und missverstanden geben muss.

Ein Narzisst also, der atlasgleich unter dem aufgebauschten Selbstmitleid laut keucht und stöhnt und schreit, wenn er den ganzen Tag – die ganze Nacht – heroisch kämpft: Gegen den Schraubverschluss vom Schnaps; verschütteten Drehtabak und die bunt blitzenden Gebirgsketten wahnwitziger Werbebanner irgendwelcher Pornoseiten.
Der sich dabei aber schockierend ernsthaft fragt, wieso die Depression nicht besser wird, während im jede Nacht grotesk knackend die Stille zerschneidenden Kühlschrank nichts als eine alte Packung Brot und ein Glas Orangenmarmelade (die so seltsam bitter schmeckt und deren Schalenstücke stets an Wurmbefall erinnern) ihr ungewolltes Dasein fristen.
Im Kühlschrank – dessen Knacken mich Nacht für Nacht daran erinnert, dass seine Tür noch offen stehen könnte; wovon ich mich, immer wieder, unbegründet, ködern lasse; was ich selbstverständlich jedoch erst einsehe, nachdem ich mich unter größten Mühen durch den wuchernd expandierenden Glaspfandwald polnischer Bisongraswodka- und mich mahnend anstarrender grellgelber Frühstückskornflaschen hindurchgekämpft habe.

Sprich, alles, was ich bin, ist ein riesen Zinnober um das Nichts, ein lebenslanger Tanz ums wundgereizte Ich: Meine Achillesferse ein ein-Meter-dreiundachtzig großes halbes Hemd, das sich im Spiegel stundenlang entgeistert selbst anstarrt und eher selten vor die Türe geht.
Woran bisher kein Text, kein Zaubergift im Blutkreislauf und letztlich auch kein Mensch zu rütteln es vermag: Mit Mitte zwanzig bloß ein lauer Witz, der viel zu gut begriffen hat, wie man ein bisschen durch den Wind Sein auf Abendlänge aufbläst.
Und prasselnd wie ein Wasserfall schwappt aus meinem Mund ein Meer aus Schwachsinn: So wie damals, als beklopptes Kind, das noch nicht wusste, wie man schweigt und das der Menschheit stets vermitteln wollte, wie die Welt aus seiner wirren Sicht so scheint.

Heute: Eine Grimasse im Scheinwerferlicht, eine öffentliche Charakterstudie, deren vorläufiges Endergebnis auch nicht sagen kann, ob es in Wahrheit nicht Resignation bedeutet, einzusehen, was für eine Kränkung Menschsein nun mal darstellt, wie lachhaft jeder Lebenslauf und wie vergänglich alles Schöne ist –
und genau das dann als Humor zu neh’m.

Dienstag, 14. August 2018

Meerträubelgewächse

Meine Eisprinzessin hockt im Kühlschrank und lächelt dunkel vor sich hin.

Samstag, 11. August 2018

Der Unsichtbare Apfel, S.57

,,[Atlas] wünschte sich, dass jemand kommen würde, um ihm eine Ohrfeige zu geben, aber es kam niemand und er musste zusehen, wie er sich selbst verloren ging. Etwas hatte angefangen, sich unaufhaltsam zu verschieben, und als [Atlas] 23 wurde, kam ihm der Bezug zu seiner bisherigen Realität abhanden.''

Freitag, 10. August 2018

Konsequenz ist Freiheit

Gepeinigt von der Sommerhitze durch irgendwelche Kleinstadtstraßen wankend,
mit Fremden und Freunden und Zaubergift im Blutkreislauf,
wird Dir plötzlich klar: Es könnte alles so viel schöner sein.

Donnerstag, 9. August 2018

Die sogenannte Heißzeit

Donnerstagnachmittag: Kurz einen Kaffee trinken gehen artet wieder aus.
Zuhause in der Geisterwelt, nur der Begriff scheint noch als Wirklichkeit.
Du läufst an mir vorbei. Ich zöger kurz. Und nun?