Donnerstag, 27. August 2015

Dogmatischer Abbruch

Diese Welt bietet viel zu viele
saftig daliegende Heuhaufen
für all die Esel von Buridan
die mit glänzenden Augen
vor ihnen verhungern

Der kurze nervöse Blick
raus in den verregneten Garten
reicht mir völlig aus;
genug angestrengt für heute
lieber zurück ins Bett

Sonntag, 23. August 2015

Die Axt in meinem Kopf

Ich führ ein makelloses Doppelleben,
bin perfekt darin mir einzureden –
während ich den Schnee in meine Nase ziehe,
zurück zum heißgeliebten Wahnsinn fliehe –
der Blickkontakt zum Abgrund,
all der ganze Stress und
die tausend wirren Selbstanklagen,
wären gar kein Seelenschaden;
sondern ich sei halt einfach so –
ein bisschen abgestumpft, im Innern hohl.
Die Vernunft versucht vergeblich freizukommen von dieser Sicht,
doch mein verdrehter Geist kämpft gegen mich;
legt mir lachend Steine in alle meine Wege –
kranker Dämon, der seinen Tanz tanzt, solange ich lebe;
schreit ohne Pause tosend in mir rum, wird selten leise, niemals stumm
und ich wünschte, ich hätte den Mut und brächte ihn um,
wenn seine Stimme zuckersüß im Hinterkopf summt:

,,Mein Liebster, bitte sieh es endlich ein, ein anderer wirst du nie sein –
red dir das ruhig weiter ein, doch alle Hoffnung bleibt bloß Schein''

Und trotzdem muss, während ich diese Gedanken zu mir selber sage,
diese phönixgleich nie endend hasserfüllt gezischte Klage,
so etwas wie ein Teil von meinem Selbst, der Ort meines Bewusstseins in der Welt,
aus vollem Herzen lachen, über diesen ganzen Schwachsinn –
denn dieses ach so ernste Grübeln, zerschellt alsbald am neugebornen Frühling.

Donnerstag, 13. August 2015

Hallo Ball aus Licht, Hallo alles was du siehst besitzt du nicht

Leute verleugnen sich selbst gegenüber, was sie mir bedeuten, während ich hier nachts in Unterhose in der Küche sitze und mich frage, ob die Art, wie ich denke, die Belohnung für den Mut ist, damals, also irgendwann früher, vor einem für mich nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt, so rücksichtslos auf jegliches Potential, jedes Talent in mir verzichtet zu haben, oder nicht doch eher ein vergilbtes Relikt ohne Übersetzungsmöglichkeit, eine fragmentarische Ruine des gescheiterten Versuchs, ganz weit unten, ganz weit draußen, eine Antwort, auf eine nicht verbalisierbare Frage zu finden, die ich auch schon damals vergessen zu haben glaubte.
Der Plastikmülleimer quillt über mit den Verpackungsresten der asiatischen Fertiggerichte, die ich eben gegessen habe, um mich nicht länger leer fühlen zu müssen, oder weil mir langweilig war, oder einfach aus Hunger; vor mir auf dem Tisch, links neben meinem Laptop, steht ein halbvolles Tetrapack Traubensaft. Schöne Alliteration. Es sind die einfachen Dinge. Die kurzen Sätze. ,,Belohnung'' ,,Mut'', was sind das für Begriffe, um retrospektiv den äußeren Rahmen eines Lebens nachzuzeichnen, wie stelle ich mir die Welt vor, dass ich nicht unmittelbar über diese Worte stolpere, während meine Hände sie über die Tastatur in den Text einweben, sondern erst im Nachhinein, wenn ich wieder denke und nicht mehr schreibe, beim Lesen des Satzes, kurz die Schultern hochziehe, so wie jetzt und mich frage, wie es meinem Ich, in dem gewölbten Paralleluniversum wohl heute Abend geht, dass mich, erleuchtet vom seltsam scharf gestochenen Schein seines Laptopdisplays, aus dem über mir hängenden, metallenen Lampenschirm heraus anschaut, ohne dass ich seine Augen erkennen könnte.
Nachts, alleine in der Küche, mit verknoteten Beinen auf dem schwarzen Holzstuhl sitzend, wenn alle anderen schon lange schlafen und man vor den Fenstern nichts als Schwarz sieht, wirkt alles so seltsam konzentriert, eingekocht, verbunden miteinander, als wenn das, von der kleinen, auf der Küchenzeile stehenden Bastlampe ausströmende, goldgelbe Licht, sich irgendwie unbemerkt im Raum verteilen und mit dem süßen Geruch der grünweißen Blumen und meinen wellenartig durch den Raum schwappenden Gedanken vermischen würde, sodass daraus eine Art großer Ball entstünde, der meinen Körper verdrängt und langsam aber sicher den ganzen Raum einnimmt.
Gerade ist mir wieder eingefallen, dass heute Nacht ungewöhnlich viele Sternschnuppen am Himmel zu sehen sein sollen, was eine Lüge ist, da mir das eben schon wieder eingefallen war, ich sogar schon kurz vor der Tür gewesen bin, am Himmel aber keine einzige Sternschnuppe erkennen konnte und jetzt erst dazu komme, das hier aufzuschreiben.
Dieser Text verliert sich an dieser Stelle in der angenehmen Stille der Nacht und ich bin fast schon ein wenig traurig darüber.