Freitag, 19. Februar 2016

In The Summer

Wir, auf der Kennedybrücke;
der Himmel blau, alles vibriert;
das Warm der Sonne
sich im Rausch behutsam
mit dem Blau des Himmels
und dem Grau der Brücke
zu dem Gefühl Sommerferien
vermischend.
Höre ich, so wie jetzt,
den Song, der damals lief,
ist das ein Moment der Freiheit -
ein paar Herzschläge,
höher als der Zaun in meinem Kopf;
der Geruch des Rheins
und frisch gemähter Wiesen,
plötzlich alle Räume flutend;
die Bäume vor dem Fenster
schmelzen einfach weg;
der Geist belebt das gut versteckte,
tief in mir dennoch ungebroch'ne Bild:
das Dunkelrot des Himmels,
beim lang ersehnten,
die Welt in kathartischen Brand setzenden
Sonnenuntergang
über der Rheinaue -
für ein paar Jahre unser zweites
und das heißt eigentliches
Zuhause,
wo man tagelang auf Wiesen saß,
sich mit seinen damals besten Freunden
ordentlich das Hirn wegschepperte -
wütend auf die Welt genug,
den verlorenen Verstand
unkommentiert
in Kauf zu nehmen,
vor lauter blutgeleckter
grenzenloser Gier auf mehr -
mehr von diesen warmen Sommertagen,
mit unendlich weiter Himmelskuppel;
dem feuchten Zungenkuss von Gott,
in Form von zuckersüßem Mischbier;
schwarz verspiegelten Sonnenbrillen;
einem bis über beide Ohren
in die verzerrte Fresse gemeißeltem,
grade milchzahnfreiem breiten Grinsen
und dem festen Glauben an die Heiligkeit
des Draufseins -
so als käme danach nichts mehr;
als sei das jetzt die allerletzte Antwort:
zwar frisch entdeckt,
doch von heute an für immer geltend;
zu naiv-jugendlich
für dieses diffuse etwas,
die fiese Reue am bitteren Ende;
die ehrliche, echte Reue, darüber
sich für den schrägen Weg
und gegen das mittlerweile
weit entfernte Seelenheil
entschieden zu haben;
die erst ganz weit hinten,
irgendwann dann anfängt,
aufdringlich sich zu melden;
sich als Schleier über Augen legt,
Gedanken stets mit Grau durchzieht,
und Hoffnung im Selbsthass ertränkt.
Einfach nur Sommerferien;
Sommerferien in Bonn;
Sommerferien mit seinen besten Freunden;
ohne ein klares Bild von sich;
ohne eine Idee der Zukunft;
frei vom Wunsch nach festem Boden
unter den in Wahrheit
doch so unsich'ren beiden Füßen.
Dieser eine Augenblick im Sommer:
wir, auf der Kennedybrücke;
ziellos im Moment versinkend;
ums uns herum und in uns drin
nichts als Sommerferien;
Sommerferien und
wir beide.

Montag, 15. Februar 2016

Du kotzt dich voll - dein Gott ist tot

Ich steh noch immer wie ein Bollwerk hier,
trotz den zwei Jahrzehnten abgefucktem Filme Schiebens;
trotz den zwei Momenten, schwankend an der Klippe, mit Blick in Richtung Abgrund;
trotz den beiden Engsten, die der Tod, der alte Bastard, sich einfach so geholt hat.

Die eine Hälfte weiße Mittelschichtsneurose:
der kopfgefickte Rattenschwanz, ganz hinten dran am Überfluss;
die Zeit und Freiheit an sich selbst zu scheitern, verschuldet durch
den Luxus, dass der Bauch nie leer- und das Bett stets warm sind -
die andere nebenbei geführter Überlebenskampf:
der Sisyphosversuch, wieder Herr im eigenen Haus zu werden,
bei dessen Scheitern sich Spital, wenn nicht gleich der Sarg androhn -
selbst zusammengenommen ergibt das auch nicht wirklich mehr, als halbherziges
Herummäandern, irgendwo zwischen verwöhntem Erste-Welt-Gejammer und seelischem Totalabsturz.

Kein Ziele oder Wünsche, nur der fieberhafte Zwang,
kein Teil von diesem schlechten Witz zu sein, den ihr euch da zusammenspinnt.
Viel Spaß euch noch beim Ackern gehn und Kinder kriegen,
mit bisschen Glück schafft ihr's vielleicht ja mal ins Fernsehn - oder sogar Eigenheim.

Mein letzter Grund nicht sofort Hinzuschmeißen, bleibt,
neben den meterlangen Speedlines, die, bei einem Augenblick Unachtsamkeit
sofort wieder auf Spiegel, Schreibtisch und CDs rumliegen,
die Verachtung für das Niedere im Menschen - alles Schwache, Schlechte, Ungerechte -
die eine allerletzte Hoffnung: am Ende doch noch Gott zu werden.

Gehe mittlerweile nur noch vor die Tür zwecks Bücherkauf und Clubbesuch,
Freundschaft oder Liebe zu fremden Abstrakta verkümmert, die, in etwa so gut greifbar
wie Platons bescheuerter Ideenhimmel, in Richtung Horizont verschwinden;

doch auf den Schultern von Giganten stehend, sieht das alles halb so wild aus,
hier oben bin ich zuversichtlich, selbst tausend Schicksalsschläge später -
weil immerhin nicht aufgegeben - weiterhin mit stolzgeschwellter Brust zu sagen:
Ich steh noch immer wie ein Bollwerk hier.

Samstag, 13. Februar 2016

L.F.S.

Draußen fällt weiterhin der Regen,
ich hör den Song, den du mir in einer der letzten Nächte, die du hier gewesen bist, gezeigt hast;
als du mal wieder mit kürbisgroßen Augen und bis auf die Socken nassgeschwitzt nach Hause kamst.
Auch wenn alles irgendwie in Scherben liegt, bin ich doch froh, sagen zu können, dieses Haus hier hat dir ein paar kurze Jahre als Refugium gedient;

jetzt bist du draußen, in der weiten Welt - sitzt ständig drauf in deiner kleinen Wohnung.

Ich weiß nicht, was irgendwann sein wird, doch, was für uns beide gleichermaßen feststehend bleibt, ganz egal, was noch geschieht, ist, dass das, was war, gut und richtig für uns beide war - bis zum Ende auch so bleibt:
In der gemeinsam geteilten Erinnerung, unserer letzten, wie gleichermaßen engstverwobensten Verbindung, laufen wir wankend durch die kalte Kleinstadtnacht, den zugedröhnten Kopf für einen Atemzug frei von Sorgen, den Verstand im Wahn auf halber Strecke irgendwo verloren, die Augen leer, bis auf die grelle Reflektion der übergroßen Vollmondkugel - und unser irres Lachen weckt die Rentner in der Siedlung auf.

Ich denke oft an dich, mein Kleiner - pass bitte auf dich auf.

Samstag, 6. Februar 2016

Freitagabend

Grüne Strahlen wirbeln am Himmel umher -
das heißt, entweder haben die Discotheken ihre Laser angeschaltet,
oder mein Hirn spielt mir schon wieder üble Streiche;

ist am Ende dann egal; die Erde löst sich auf, kapituliert vor dem erbarmungslosen Dauerregen;
Füße ertrinken in metertiefem Schlamm und aufgewühlt schwanken die Feldwege umher;
untermalt, einzig durch das alle paar Schritte aufleuchtende, erstickte Schreien

dieser widerlich ins Nichts starrenden, im Laternenlicht zitternd dahinflackernden Silhouette
des kranken kleinen Mannes, der, wie ein wildes Tier gejagt, den Körper hektisch vorwärts schiebt -
sich dunkel in Matschpfützen spiegelnd, im tiefen Schwarz der Nacht versinkt.

Donnerstag, 4. Februar 2016

Fazit

Wäre weiterhin gern mehr, als nur ein besessener Irrer,
der, sich die Nächte um die Ohren schlagend,
anstatt mal wieder vor die Tür zu gehen,

lieber einfältige Dreizeiler aneinanderreiht, so, als sei das Kunst
und mehr als der verzweifelte Versuch,
sich selbst in einem Bedeutungskontext wiederzufinden,

größer, als das Dorf, aus dem man kommt;
weiter, als die Felder vor der Tür -
immerfort, die einzige Option: der blinde Schritt ins Nichts.

Die Eisenbahnen fallen von den Brücken

Unbegreiflich, dass mein Zimmer, in der Art so wie es ist, sich in einem Monat - in Wahrheit etwas weniger - auf ewig dann auflöst, und dass keine Photographie-, kein Text in dieser Welt, es vermag, die bald schon verblassenden Scherben dieser zersplitternden Erinnerungen - für einen kurzen Moment noch, die Farben der vier Wände, den Geruch des Holzbodens widerspiegelnd - zu einem unversehrten Bild, einem ganzen Ding an sich, zusammenzufügen

Das undefinierbare Knacken, irgendwo weit unten, tief drin im Hinterkopf; der leicht schräge Blick, der, schief in diese Welt geworfen, die diese tragenden Dinge dennoch eindringlich zu durchdringen scheint; das beunruhigende Gefühl, sich an manchen Tagen, gänzlich machtlos, nicht davor verwehren zu können, zu sehen und zu spüren, wie alles um uns herum und aus uns hinaus, nach oben hin, leise zischend, fast wie Tabakqualm, ins immergleiche Nichts aufsteigt; wie aus dem Boden hinweg, in Richtung Himmel gesogener Sand, der, dem vergeblichen Versuch uns Hoffnungsloser trotzend, ihn zurück in die kalte Erde zu pressen, stattdessen, durch unsere dürren Finger hindurch, von unseren trüben Augen verfolgt, den Weg ins ewig weite All erklimmt.