Freitag, 9. September 2016

Vortag der Abreise

Langsam bahnt mein Schreiben sich seinen steilen Weg zu meinem wahren Sein:
Ich vergesse mehr und mehr zu essen, werde weniger, steige langsam Richtung Himmel auf,
muss manchmal, wenn ich schlafe, beide Beine mit einer dünnen Schnur am Bett festknoten,
um nicht vom An-die-Zimmerdecke-Stoßen aufgeweckt zu werden,
trage immer meine engste Jeans, den weitesten Pullover –
verliebt in meine Schwäche, Traurigkeit, dieses Dornenkronenreich:
Hinter trüben blauen Augen, vor der Außenwelt versteckt –
einem zerfall'nem Luftschloss gleich, das, so fern jeder Idee von Stärke, Großmut, Ehrlichkeit
ungehindert in sich selbst versinkt,
dabei doch trotzdem zum Heulen viel gefüllt mit Liebe ist,
sodass ich bis heute nicht verstehe, wie ich sie zeigen soll, ohne dass es mir die Brust zerreißt.

Die Großstadtnacht zerbeißt mein Herz, spuckt Blut und Sehnen auf Asphalt,
die Straßenbahn fährt unbeirrt, so als ging es sie nichts an, durchs dicke dichte Schwarz,
Hochhausfassaden schweigen traurig und der Mond, der alte Bastard, schaut gierig lächelnd zu.